1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 1 Gina Fischli2 Daniel Kuge 3 Lucila Pacheco Dehne4 Alexander Janz 5 Fritjof Mangerich6 Louise Lawler 7 Isa Melsheimer 8 Gerardo Nolasco-Rózsás 9 Sophie Pape10 Thomas Schütte 11 Maria Visser12 Alex Wissel (Pos unklar) 12
12 1 Gina Fischli2 Daniel Kuge 3 Lucila Pacheco Dehne4 Alexander Janz 5 Fritjof Mangerich6 Louise Lawler 7 Isa Melsheimer 8 Gerardo Nolasco-Rózsás 9 Sophie Pape10 Thomas Schütte 11 Maria Visser12 Alex Wissel (Pos unklar)

01 Gina Fischli

GinaFischli_Foto1-3

Ohne Titel
2022

Dekomaterialien

In ihrer Arbeit treibt Gina Fischli die mit der Modellbauwelt verbundene Romantisierung auf die Spitze. In zwei Waldgebieten der Platte hat sie Nadelbäume weihnachtlich geschmückt. Sie verweist damit auf eine kindliche Erinnerung, die zum Teil medial erzeugt, zum Teil selbst erfahren wurde: die um den Weihnachtsbaum fahrende Modelleisenbahn. Mit ihrer bewusst naiven Ästhetik referenziert Fischli diese Vorstellung von Romantik, jedoch ohne sie nostalgisch zu übersteigern. Stattdessen deutet sie mit der Wahl einer stereotyp weiblichen Kulturpraktik - des Schmückens und Dekorierens - subtil auf zu hinterfragende Geschlechterrollen hin.

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02 Daniel Kuge

DanielKuge_Foto1
DanielKuge_Foto2

BHV1-G3WG2G-22
BHV1-G3WH1B-22
2022

Mixed Media

Die Objekte BHV1-G3WG2G-22 und BHV1-G3WH1B-22 sind in ihrer Schlichtheit kaum zu übersehen. Im Kontrast zur verspielten Miniaturwelt, bilden sie regelrechte Leerstellen innerhalb der Landschaft. Der Vergleich mit digitalen Glitches, wie Verpixelungen, liegt daher nahe. Der Effekt wird dadurch verstärkt, dass der Künstler bei der Farbgebung scheinbar versucht hat, einen Mittelwert aus den das Objekt umgebenden Farbtönen zu finden. Daniel Kuge nutzt diese Art von Referenzen, um seinen Objekten den Charakter von Platzhaltern beziehungsweise Projektionsflächen zu verleihen, die erst durch die mit dem Blick der Betrachter:innen einsetzende Kontextualisierung mit unterschiedlichen Assoziationen gefüllt werden. Im Rahmen der Miniaturwelt, folgen die Skulpturen der Tradition minimalistisch monumentaler Bildhauerei, wo sie, aus den Augen einer Bewohner:in des Miniaturstädtchens betrachtet, sicherlich eine erhabene Wirkung hinterlassen.

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03 Lucila Pacheco Dehne

LucilaPachecoDehne_Foto1

Waiting For The Ocean To Come (Fishscalehouses)
2022

Zinn
15 x 10 x 11cm

Am Rande der Stadt, fast schon außerhalb, entsteht ein Neubaugebiet. Lucila Pacheco Dehne hat hier drei stilisierte Plattenbauten aus Zinn aufstellen lassen. Alle drei sind mit Fischschuppen überzogen und atmen über Kiemen auf dem Dach. Damit knüpft sie an den von ihr geschaffenen Mythos der Fischkinder an, dem sie auch in anderen Arbeiten folgt. Was passiert mit Menschen, die zwischen zwei Kulturen aufwachsen? Für Pacheco Dehne sind Fische Stellvertreter:innen für fluide Identitäten, da sie ohne Hindernis über Ländergrenzen hinweg schwimmen können. Mit den drei Häusern realisiert Dehne somit die utopische Idee eines Fischhauses; eines Hauses, das nicht geographisch gebunden ist und Grenzen überwindet.

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04 Alexander Janz

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AlexanderJanz_Foto2

Proposal for a short film (Le Rayon vert)
2022

Maße variabel

Alexander Janz’ Proposal for a short film (Le Rayon vert) ist dem Künstler zufolge nicht als fertige Arbeit zu verstehen. Wie der Name verrät, handelt es sich eher um ein Modell zu einem Konzept: An einer Schallschutzwand sind fortlaufend einzelne, aufeinanderfolgende Stills eines Kurzfilms angebracht - so als ob ein Teil einer Filmrolle plakatiert worden wäre. Im vorbeifahrenden Zug sitzend, werden diese durch die Geschwindigkeit wieder zum ursprünglichen Bewegtbild zusammengesetzt. Die Idee vom imaginierten Reisenden, der verträumt in die Landschaft schaut, bevor er von der kurzen Sequenz aus den Gedanken gerissen wird, ist die Vorstellung des:der idealen Rezipienten:in. Die Arbeit soll nach Vorgabe des Künstlers nur an Orten installiert werden, die ausschließlich aus dem Zug zu sehen und nur über die Schienen und nicht anderweitig erreichbar sind. Zug und reisende Person verschmelzen so zu einer Art Mensch-Maschine, die die Rolle des Filmprojektors einnimmt und so Teil der Arbeit wird. Das Erleben der Filmsequenz soll lediglich den Zugfahrenden vorbehalten sein.

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05 Fritjof Mangerich

FritjofMangerich_Foto1

Sketch for a Public Monument
2022

Beutel mit Trinkwasser (100ml)
8 x 2 x 12 cm

Wenn die modellierte Miniaturstadt unter der Glashaube des Modellbahnautomaten tatsächlich existieren würde, wäre eine Grundversorgung – Strom, Wasser, Gas, Lebensmittel - für die Bewohner:innen gesichert? Auf der Modellbahnanlage weist lediglich ein einzelnes Windrad darauf hin. In Miniatur wie in echt bleibt die dahinter liegende Infrastruktur für den Großteil der Bewohner:innen unsichtbar. Das Fehlen auf der Anlage spiegelt entsprechend eine Realität, in der Grundversorgung selbstverständlich geworden ist und die Abhängigkeit oft unhinterfragt bleibt. Fritjof Mangerich setzt hier mit seiner Arbeit Sketch for a Public Monument an. Zwischen zwei Häusern im Zentrum der Stadt platziert er einen haushohen Wasserspeicher. Das im Miniaturkontext wie eine riesige Skulptur anmutende Objekt, entpuppt sich in Wirklichkeit als ein für die Bundeswehr produziertes Nahrungsmittel, das für Katastrophensituationen gedacht ist. Fünf dieser Beutel können die tägliche Minimal-Versorgung eines Menschen sichern. Durch die bewusst einfache Geste des Hineinstellens eines realen Objekts, verweist die Arbeit zurück auf den menschlichen Körper. Sketch for a Public Monument kann als Hinweis auf eine fehlende Sensibilisierung für das Privileg einer geregelten Versorgung mit Ressourcen verstanden werden.

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06 Louise Lawler

LouiseLawler_Foto1

Once There Was a Little Boy and Everything Turned Out Alright. The End.
1993

Wandfarbe mit Titel als Text Abmessungen variabel, um einen bestimmten Raum von Grenze zu Grenze zu füllen

Louise Lawlers Once There Was a Little Boy and Everything Turned Out Alright. The End. (1993) wurde vor knapp 30 Jahren das erste Mal gezeigt. Ursprünglich als Wandarbeit entwickelt, ist sie, in ihrer Größe leicht angepasst, auf einen rosa lackierten Güterwagen gedruckt. Der Text greift dabei ironisch auf bekannte Erzählelemente zurück, mit denen Märchen und Hollywoodfilme oftmals beginnen und enden. Protagonist der kurzen Geschichte ist ein kleiner Junge, über den keine weiteren Informationen preisgegeben werden. Diese Information allein reicht scheinbar aus, damit die Geschichte im Guten endet. Durch die stilistische Überspitzung und der oft für Kleinkinder genutzten Farbzuschreibung (rosa und himmelblau) verweist die Arbeit darauf, wie die Zuordnung zu einem Geschlecht und dem damit verbundenen Rollenbild, Lebenswege erleichtern bzw. erschweren kann.

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07 Isa Melsheimer

IsaMelsheimer_Foto1

Ich liebe dich bis zum Wahnsinn
2022

Polypropylenfolie
11,6 x 0,7 cm

Ursprünglich als Kunst-am-Bau-Projekt für das Gebäude der ehemaligen Hauptpost, der heutigen Stadtbibliothek, unweit des Bahnhofs, entwickelt, übersetzt Isa Melsheimer den Ausspruch »Ich liebe dich bis zum Wahnsinn« als Installation auf das Postgebäude in der Modelllandschaft. Melsheimer bezieht sich mit ihrer Arbeit auf eine Textstelle Umberto Ecos aus der Nachschrift von »Der Name der Rose«, in der er für die Postmoderne typische Doppelte Codierung an einem Beispiel erklärt: »die Postmoderne Haltung scheint wie die eines Mannes der eine Frau liebt, wobei er sich jedoch bewusst ist, das er nicht einfach zu ihr sagen kann: ‹Ich liebe dich bis zum Wahnsinn›, weil er weiss, dass sie weiss (und dass sie weiss, dass er weiss), dass diese selben Worte schon vorher von Barbara Cartland gebraucht wurden. Jedoch gibt es eine Lösung für das Problem. Er kann nämlich zu ihr sagen ‹wie schon Barbara Cartland sagte, liebe ich dich bis zum Wahnsinn›. Auf diese Weise wird die falsche Unschuld vermieden und zum Ausdruck gebracht und trotzdem gesagt wie sehr er sie liebt.«

In der Modelllandschaft umgesetzt, erhält Melsheimers Arbeit eine weitere Konnotation. Handelsübliche Modelleisenbahnprodukte zeigen uns meist eine heile Welt, mit traditionell anmutender Architektur, die etwas zitiert – etwas Bekanntes, Volksnahes, Populäres. Man könnte sagen, dass Modelleisenbahnen in diesem Sinne die Ideen der künstlerischen Postmoderne auf die Spitze treiben.

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08 Gerardo Nolasco-Rózsás

Nolazco

I’ve got no strings
2022

Webbasierte Augmented Reality Applikation

Mit der Erstausstrahlung von Schneewittchen im Jahr 1937, so könnte man sagen, begann der nunmehr globale Prozess der Disneyfizierung. Er beschreibt die Annäherung gesellschaftlicher Strukturen an jene der Themenparks der Walt Disney Company. Der Begriff taucht erstmals in Sharon Zukins Buch The Cultures of Cities auf und wurde durch Alan Brymans Buch The Disneyization of Society populär gemacht. Im Allgemeinen Sprachgebrauch wird der Begriff verwendet, um die Homogenisierung von Konsum, Merchandising und emotional labor (Emotionsarbeit) zu beschreiben. Dabei wird ein realer Ort oder ein reales Ereignis seines ursprünglichen Charakters beraubt und neu verpackt. Verweise auf alles Negative werden entfernt und die Fakten verwässert, um das Thema angenehmer und verständlicher zu machen. Disneys Dialektik besteht darin, dass es zum einen unbestreitbar die Popularisierung von kulturellem Erbe vorangetrieben hat. Zum anderen aber ebenso großen Einfluss auf die kognitive Entwicklung von Kindern und Erwachsenen damit ausübt, dass es, mit Rückgriff auf Strategien der Romantik, deren originalen Inhalt verklärt.

Aufgrund des Erfolgs von Schneewittchen hat Disney auch andere Märchenfiguren in Zeichentrickform gebracht. Pinocchio ist eine davon. Mit der Augmented Reality Arbeit I've got no strings (2022) greift Gerardo Nolasco-Rózsás diese Verklärung auf, indem er eine 3D Animation Pinocchios tanzen lässt, ohne dass die Marionette von Fäden fremdgeführt würde. Damit verweist er auf die populistischen Mechanismen hinter der Verbreitung von Fake News, deren Lügen sich, wie Pinocchio, ganz ohne Steuerung, selbstständig verbreiten und eigene Dynamiken annehmen. Der Tanz, den Pinocchio aufführt, referenziert die flüchtigen Trends der Social Media Netzwerke, die die Hauptaustragungsorte bei der Verbreitung von Fake News darstellen.

Zur AR-Anwendung

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09 Sophie Pape

SophiePape_Foto1
SophiePape_Foto2

Wohnung mit Sonnenuntergang
2022
Finnpappe, Papier, Aquarellfarbe, Tesafilm
Größe variabel

Häufig sind Erinnerungen Details, die aus einem größeren Zusammenhang herausgelöst und abgespeichert werden. In Anlehnung an Roland Barthes, der in Die helle Kammer den Begriff des punctum für Erinnerungsorte einführt, die eine subjektive Erfahrung konservieren, darf Sophie Papes Wohnung mit Sonnenuntergang (2022) als ein modellhafter Versuch verstanden werden, einen solchen subjektiven und flüchtigen Moment zu fixieren und ebenso für andere lesbar zu machen. Durch die Überführung eines punctums ins Modellhafte, greift die Künstlerin in die Konstruktion des Blickes der Betrachter:innen bewusst ein, indem sie Details hervorhebt beziehungsweise reduziert und die emotionalen Konnotationen des Materials als dokumentarische Quelle nutzt. Die simple Architektur deutet ein Wohnhaus an, dessen Dach bewusst weggelassen wurde, um die besondere Lichtsituation im Innenraum preiszugeben. Folgt man der Logik des Lichts, wird der Blick zu einem kleinen Aquarell geleitet, dass im exakten Einstrahlungswinkel platziert, eine untergehende Sonne zeigt. Die Künstlerin setzt die nostalgische Verklärung der Aquarellmalerei ein, um eine Emotion nachfühlbar zu machen. Pape verweist so nochmals auf die soziale Konstruktion von Wahrnehmung, die aber, nach Barthes, gleichzeitig auch immer etwas persönliches preisgibt.

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10 Thomas Schütte

Schuette-Bild

Pringles
2022

3D Druck 13 x 20 x 7 cm

»Pringles« (2022) von Thomas Schütte ist eine für die Ausstellung entstandene Neuinterpretation der ebenso betitelten Arbeit aus dem Jahr 2011. Diese besteht aus einer Streichholzschachtel und einem darauf liegenden Kartoffelchip der gleichnamigen Marke. Es handelt sich um ein erstes Modell zu der von Schütte entworfenen Skulpturenhalle in Neuss, unweit von Düsseldorf. Schütte arbeitet schon seit Beginn seines Schaffens beständig mit Modellen. Aus den vormals rein imaginären Gebäuden entwickelten sich im Laufe der Zeit auch reale Architekturen. Bei der Skulpturenhalle handelt es sich um die bis dato Größte dieser Art.

Der Arbeit ist das Spielerische anzusehen. Man kann sich gut vorstellen, wie sie entstanden sein mag. Wie beim Spiel mit Bauklötzen sind vorhandene Formen zu etwas Neuem zusammengesetzt worden. Auf dem länglichen Quader ruht ein hyperbolisches Paraboloid. Der Pringles-Chip mit seiner Doppelkrümmung gilt als alltagstaugliches Beispiel zur Veranschaulichung dieser, nach mathematischer Beschreibung, Fläche zweiter Ordnung. Fred Baur konzipierte ihn in den 1960er Jahren, um die Bruchfestigkeit des aus Kartoffelpüree bestehenden Chips zu erhöhen. Unabhängig aber fast zeitgleich trat die Form als Schale (kurz ›Hyparschale‹) vermehrt in der Architektur auf und erhielt hier aufgrund ihrer Festigkeit als selbsttragendes Dachelement, also aus ganz ähnlichen Gründen, Einzug.

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11 Maria Visser

MariaVisser_Foto1
MariaVisser_Foto2

Aerobatics
2022

6 Flugzeuge aus Kappa, 100 lackierte Figure
Maße variabel

Mit der Arbeit Aerobatics (engl. Kunstflug), beschäftigt sich Maria Visser mit dem Thema der modellhaften Darstellung von ephemeren Ereignissen. Die Arbeit besteht aus mehreren abstrahierten Formen eines Flugzeuges, auf dessen Tragflächen Miniaturfiguren choreographierte Posen einzunehmen scheinen. Die Flugzeugkörper sind so positioniert, dass sie in ihrer Abfolge einen Looping andeuten. Die Miniaturen wechseln ebenfalls von Tragfläche zu Tragfläche ihre Formation. Durch die ungewöhnliche ganzheitlich grüne Farbgebung, lassen sich die Figuren als Performer:innen erkennen. Zugleich setzt die Farbe den Fokus auf ihre Rolle als sich bewegende Körper im Raum. Durch die Modellierung zweier paralleler Bewegungsabläufe, die sowohl unabhängig als auch abhängig voneinander betrachtet werden können, wird der Akt der Bewegung selbst hinterfragt: Ist Bewegung immer abhängig von Raum und Zeit und inwieweit wird sie mithilfe von Vorstellungskraft konstruiert und überhaupt erst sichtbar?

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12 Alex Wissel

Wissel

Speibecken
2022


lackierte Modelliermass, Metall
2,5 x 2,5 x 1 cm

Etwas versteckt, an der Außenmauer des Hungerturms - eines der letzten Überbleibsel der historischen Stadtmauer - bringt Alex Wissel ein so genanntes Speibecken an. Diese Art von Sanitäranlagen dienen der hygienischen Entsorgung von oralen Ausscheidungen und lassen sich, unter anderem, in den häuslichen Kellern deutscher Studentenverbindungen finden, wo es hauptsächlich als »Kotzbecken« genutzt wird. Wissel mahnt damit symbolisch eine fragwürdige nationalistisch-deutsche Identitätsbildung zwischen Alkoholismus und Ausgrenzung an, die sprichwörtlich »zum kotzen ist«. Spuren dieses »Heimatkonzepts« lassen sich heute nicht nur in der Politik - im Zusammenhang mit identitären Bewegungen - wiederfinden, sondern sind selbst in kleinem Maßstab im Detail der Miniaturhäuser und -menschen zu entdecken.

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